Eigentlich ist man auf einer Safari ziemlich ahnungslos unterwegs. Natürlich kennen die Ranger die Stellen, an denen man häufig bestimmte Tiere antrifft. Natürlich gibt es ein Wasserloch, das Hippo Pond heißt, und natürlich wissen die Guides am frühen Morgen, wo sich die Elefanten am Vorabend herumgetrieben haben. Aber grundsätzlich fährt man auf gut Glück verschiedene Routen ab, wenn man auf Safari im Pilanesberg Nationalpark ist. Und in der Regel klappt das gut.
Ich habe es schon zu meiner Safari 2010 geschrieben: Zebras, Giraffen und Antilopen hat man nach zwei bis drei Stunden schon so viele gesehen, dass man sich fast schon daran gewöhnt hat. Elefanten zu finden ist normalerweise wenig unwahrscheinlich. Aber natürlich gibt es auch Tiere, die man seltener sieht. Dazu zählt die Nashorndame, die friedlich grasend mit ihrem Baby unseren Weg kreuzte. Dazu gehören auch die Hippos, die wir – nach ewigem Hin und Her und Warten und Augen zusammenkneifen – schließlich tatsächlich im Hippo Pond fanden. Und dazu zählen auch: Löwen.
Einen Löwen in freier Wildbahn zu sehen ist eine ziemlich seltene Angelegenheit, selbst in einem Nationalpark wie dem von Pilanesburg, knapp zwei Stunden nördlich von Johannesburg. Auf 55.000 Hektar leben hier rund 40 Löwen. Zum Vergleich: 150 Elefanten sind hier unterwegs, 1.600 Zebras und 2.000 Antilopen. Vierzig Löwen also – und einer davon wurde wenige Minuten Fahrtzeit von uns gesichtet.
Als wir ankommen, zuckt der Ranger im parkenden Jeep mit den Schultern. Sie haben das Tier längst aus den Augen verloren; um bis zum Damm zu fahren reicht unsere Zeit nicht mehr. Kurz warten, vielleicht taucht er ja noch mal auf. Etwas hoffnungslos scanne ich mit dem Fernglas die Steppe vor uns ab, eigentlich eher, um mir die Zeit zu vertreiben bis vielleicht doch noch irgendwer sagt: Da ist er! Und dann sehe ich ihn. Komplett unscharf, weil er selbst für das Fernglas zu weit weg ist. Aber er bewegt sich, er dreht den Kopf und wälzt sich auf den Rücken.
Es dauert, bis ich den anderen erklärt habe wo Leo liegt. Es dauert auch, bis ich ihn mit dem Sucher meiner Kamera gefunden habe. Nie war ich der Erfindung des Digitalzooms so dankbar wie in diesem Moment. Für einige kurze Minuten habe ich einen Löwen in freier Wildbahn gesehen. Bin damit den Big Five wieder etwas näher gekommen. Aber das ist in diesem Moment sowas von egal.
Als sich der junge Einzelgänger nach einiger Zeit grußlos verdrückt hat, fahren wir weiter, in der Hoffnung, heute doch noch ein paar Elefanten zu sehen. Auch die haben sich heute nämlich rar gemacht – aber eigentlich ist auch das egal. Wir haben einen Löwen gesehen.
Neben diesem VIP haben wir noch einige weitere laute Ahs und Ohs losgelassen. Vielleicht ein paar mehr Ohs, und vielleicht haben sie auch eher wie Awwws geklungen. Denn es ist Frühling in Südafrika und dementsprechend sind wahnsinnig viele Babies unterwegs. Babyzebra, Babywarzenschwein, Babyrhinozeros. Liebet und vermehret euch, liebe Tiere! Gerne auch ihr Löwen, denn ihr macht Gänsehaut.
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