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Lost Place oder Sightseeing Spot? Das Battery Boutelle in San Francisco

Manchmal kommt man sich ganz schön dumm vor. Wenn man aus dem Auto steigt, ein bisschen schlendert, um die Ecke läuft, einem kurz der Atem stockt… Und man denkt, man hat etwas total besonderes entdeckt. Einen toten Ort, einen Lost Place, die Ruine einer Ära vielleicht, vermutlich den Ort, an dem sich nachts diverse Subkulturen versammeln, um sich zu distanzieren von dieser nicht mehr so individuellen, exotischen Stadt, in der sie leben.

Man entdeckt Graffitis an verrosteten Türen, überlegt sich, ob hier wohl so eine Art Underground Dining stattfindet. Man lässt gedankenverloren die Finger über die verrosteten Gitterstäbe vor den Fenstern streifen und denkt an den letzten Lost Place, an dem man Zeuge einer vergangenen Zeit wurde. Nach solchen Besuchen fühlt man sich von oben bis unten eingestaubt und taub, und gleichzeitig maximal belebt und flirrend.

Und dann, fünf Minuten Tagträumerei später, biegt man um eine weitere Ecke und entdeckt Hinweisschilder. Bildtafeln und Inschriften. Und merkt plötzlich: Das hier, das ist kein Lost Place. Das hier ist ein Sightseeing Spot. Keiner, der von vielen Touristen frequentiert und offensichtlich ist, aber einer der bei Trip Advisor aufgeführt wird. Und dann zwinkert einem aus der Ferne die Golden Gate Bridge zu und flüstert leise „Haste jetzt echt geglaubt, ne?!“, fängt an zu lachen und dreht sich dann beschäftigt wieder weg.

Das Battery Boutelle wurde 1901 fertiggestellt und diente der Coast Artillery bis 1917 als Militärstützpunkt. Drei Schnellfeuergewehre mit einer Reichweite von sieben Meilen waren hier einst installiert, und es ist Zeichen meiner Ahnungslosigkeit in Sachen Waffenkunde dass ich dies nicht sofort erkannte. Nachdem die Gewehre zum Ersten Weltkrieg abgebaut und zu Feldartillerie umfunktioniert wurden, diente das Battery Boutelle nur noch als Lager und Unterschlupf für die Truppen – heute dient dieser Ort vor allem Touristen, die einen besonders guten Blick auf die rote Brücke erhaschen wollen.

Und trotzdem ist er etwas total besonderes, zumindest an diesem Tag. Wir sind die einzigen Besucher, alles wirkt tatsächlich lost, und ich lasse meiner Phantasie trotzdem noch einmal freien Lauf.

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Die Bilder von mir hat Christoph Gellert gemacht. Danke für den schönen Tag!

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