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From my layover: Ein Tag in Belgrad

Es passiert mir immer wieder: Gerade die Städte, die ich am wenigstens auf dem Schirm hatte, hauen mich am meisten um. Sie erwischen mich von hinten links am Schulterblatt und rächen sich dafür, dass ich sie bisher in der inneren Reiseplanung völlig missachtet habe, indem sie mit besonders schönem Wetter, großartiger Atmosphäre und unendlich viel zu entdecken auftrumpfen. Sie strecken mir die Zunge heraus darüber, dass ich die vergangenen Jahre jegliches Layover hier verschmäht habe, und zucken lässig mit den Schultern. Naja, jetzt bist du ja da, scheinen sie zu sagen, einigermaßen versöhnlich aber doch auch leicht gehässig.

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Ja, jetzt war ich also da. In Belgrad. Und my oh my, ich werde zurückkommen. Denn diese Stadt hat genau die Mischung aus aufdringlich schön und unfassbar hässlich, die ich so liebe. Sie wird als „Berlin des Ostens“ gehandelt und ich verstehe schnell, warum. Ihre Menschen sind herzlich und neugierig und Genießertypen, zumindest auf den ersten Blick, sie sind jung und kreativ, sie gestalten und ziehen sich dabei überraschend gut an. Und ich: Konnte gar nicht genug kriegen von der Dynamik auf den Straßen und dem süßen Leben am Sava-See.

Ein Tag in Belgrad

Ich weiß nicht was ihr über Belgrad wisst, aber mein Wissen reichte nicht darüber hinaus, dass ich in die Hauptstadt Serbiens fliegen sollte und damit laut patriotischem Bodenmitarbeiter am Frankfurter Flughafen ins „Tor zum Balkan“. Dass Belgrads Name übersetzt „Die weiße Stadt“ heißt und hier 1,2 Millionen Menschen leben erzählte uns wenig später der Taxifahrer, der uns durch die trockene Hitze durch die Straßen der überraschend sauberen Stadt fuhr.

Die Serben sind stolz auf diese Sauberkeit, sie sind stolz auf die unzähligen Parks in ihrer Hauptstadt und auf die Universitäten und Hochschulen. Sie lenken ab von den Ende der Neunziger von der NATO zerstörten Kriegsruinen aus dem Kosovo-Krieg und vom altertümlichen Bahnhof, für den sich Zoran augenscheinlich schämt und schnell auf das Bauplakat an seiner Fassade zeigt: Neuaufbau und moderner Glanz sollen in Belgrad in den nächsten fünf Jahren einziehen, es gilt also schnell zu sein, wenn man das pittoreske und ursprüngliche noch erleben will.

Belgrad war und ist nicht nur Bildungs-, sondern auch Wirtschaftszentrum des Landes, wenn nicht wichtigster Umschlagplatz zwischen Europa und dem Vorderen Orient. Das verdankt die Stadt ihrer Lage an der Mündung der Save in die Donau – um die sie in den verschiedensten Jahrhunderten oft genug gekämpft hat. Und direkt über dieser Mündung thront der erste Stop unserer Tour durch Belgrad.

Kultur mit Ausblick: Die Kalemegdan Festung

Direkt zwischen der Altstadt Stari Grad und der Flussmündung erstreckt sich die Festung mit ihrem Park über etwa 50 Hektar. Geteilt in Ober- und Unterstadt zählt sie zu den bekanntesten Wahrzeichen Belgrads und entstand in ihren Grundzügen schon in der Antike. Während der Türkenkriege wurde sie von Prinz Eugen erobert und ausgebaut, ihr aktueller Kern besteht seit dem 15. Jahrhundert. Die Festung beherbergt diverse Denkmäler, zwei Kirchen, ein Militärmuseum und das Naturkundliche Museum, außerdem einen Zoologischen Garten und eine Kunstgalerie. Laut Aussage unseres Kapitäns ist das Restaurant Terasa in der Festung übrigens eine Besuch wert!

Unterwegs in Belgrad: Eine Stadt in Bewegung

Wie oben schon erwähnt ist Belgrad gerade mitten im Umbruch. Ein Investor aus den UAE lässt am Ufer der Save ein großes Areal an Büro- und Unterhaltungsgebäuden hochziehen, die gesamte Waterfront soll bald gläsern glänzen wie überall auf der Welt. Höchste Zeit also, in die serbische Hauptstadt zu reisen und sich noch mal das „alte Belgrad“ anzuschauen, eine echte Stadt in Bewegung, eine Stadt, deren Kreative aus Einschlagslöchern aus dem Kosovo-Krieg Kunstwerke machen und darin Pop Up Bars eröffnen.

Ich als alter Öffi-Fan musste mir natürlich den alten Bahnhof anschauen (und bekam spontane Gelüste auf Interrail durch Osteuropa), erfreute mich an alten Gassen und schönhässlichen Fassaden, staunte über das im Kontrast dazu gepflegte Parlamentsgebäude und die vielen Brunnen und Parks der Stadt.

Abkühlen in der Kathedrale des Heiligen Sava

Kirchen zählen eigentlich weniger zu meinen Interessensgebieten, aber als wir erstmal vor der prächtigen weißen Kathedrale standen musste ich natürlich auch hinein. Schade, dass auch hier grade Umbaumaßnahmen herrschten, doch konnte man erahnen wie prächtig diese Kirche im Normalzustand sein muss. Schon von außen ist sie auf jeden Fall sehenswert – der Dom ist eine der größten orthodoxen Kirchen auf der Welt und gleichzeitig die größte Kirche Südosteuropas: Die Kuppel hat einen Durchmesser von mehr als 30 Metern und damit größer als die der Hagia Sophia, durch die Lage auf einem Hügel ist sie von vielen Punkten der Stadt zu sehen.

Bier & Bikinis am Sava Lake

Nach einem langen Tag in der Hitze der Stadt wird es irgendwann am späten Nachmittag Zeit für Late Lunch, ein kühles Bier und ein Plätzchen im Schatten. Und während wir eher orientierungslos waren wusste unser Fahrer genau, wo er uns hinbringen musste: Zum Sava-See, dem Naherholungsgebiet und Ort zum Sehen und Gesehenwerden. Der künstlich angelegte See ist aus einem Nebenarm der Save entstanden und von der Innenstadt mit dem Auto in einer knappen Viertelstunde zu erreichen. An seinen Ufern reihen sich Strandbars und -cafés aneinander, ohne für eine schlechte Atmosphäre zu sorgen; am Kiesstrand tun es die Bikinischönheiten ihnen gleich und wir lassen uns in der Hollywoodschaukel der Koketa Bar nieder.

Ein kühles Bier später bleibt nichts als einem zufriedenen Lächeln in der Abendsonne und einer leichten Reue darüber, den Bikini im Hotelzimmer gelassen zu haben. Aber wer hätte auch gedacht, dass ich an einem Sightseeing Tag in Belgrad schwimmen gehen würde? Überhaupt, Belgrad, wer hätte gedacht…?

Energie tanken: Restauranttipps in Belgrad

Für uns ging es nach den Stunden am See zwar direkt ins Bett, da der Wecker am nächsten Morgen zu äußerst unsympathischen Zeiten klingeln sollte – trotzdem habe ich mich für euch natürlich umgehört und einige Tipps gesammelt, wo man unbedingt zum Dinner (oder auch zum Lunch) hingehen sollte:

  • In den alten Industriehallen am rechten Ufer der Save haben viele stylische Restaurants und Bars ihren Platz gefunden: Die Beton Hala ist einer der In-Orte der Stadt und wird von jedem empfohlen – ob serbische Tapas bei Ambar, spanisches Essen in der Cantina de Frida oder asiatische Küche im Sakura.
  • Den Concept Store mit Bar und Restaurant Supermarket gibt es gleich in zwei Locations: Einmal in der Innenstadt und einmal im Studentenviertel.
  • Die Floßrestaurants auf der Save stehen für meinen nächsten Besuch ganz oben auf der Liste! Zwei davon sind das Monza und das Bombay, die meine Kollegen besonders lobend empfehlen.
  • Das Restaurant Terasa in der Festungsanlage hat einen tollen Ausblick und angeblich einen super Service.
  • Für einheimische Küche wurde mir vor allem das Restaurant Kolarac auf der Knez Mihailova, der großen Prachtstraße Belgrads, empfohlen, weil es ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und richtig gutes Essen haben soll. Cevapcici bitte!
  • Und unser Idyll am See war die Koketa Bar (Ada Ciganlija, Makiška strana, lokal br. 8, 11000 Beograd).

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