Als ich vierzehn war färbte ich mir die Haare schwarz, malte mir mit Kajal dicke schwarze Balken um die Augen und tauschte Jeans und quietschpinke Shirts gegen nichts anderes aus als: Schwarz. Ich ging eine Zeit lang im Goth-Club unserer Gegend ein und aus, ich fühlte mich standesgemäß unverstanden und hatte Spaß dabei. Ich fand, die ach-so-alternativen schwarzen Converse seien nur Leuten wie mir vorbehalten und wer sich ernsthaft zu sehr um sein Äußeres bemühte, der sei ein oberflächlicher Idiot – wie ironisch angesichts der Tatsache, dass ich mit meinen schwarzen Lagenlooks aus Spitze, Samt und Dark Denim mindestens genau so viel Zeit vor dem Spiegel verbrachte wie die, die ich als Girlies und Tussen abstempelte.
Was ich im Nachhinein als jugendliche Phase belächeln kann hielt ich damals für meine absolute Überzeugung, für mein Schicksal. Anders sein, das hieß für mich sich abgrenzen (im Endeffekt: sich selbst ausgrenzen), keinen Spaß mitmachen, düster, schlecht gelaunt und verschlossen sein. Bis ich merkte, dass das Leben viel zu schön ist als es mit Hass und Verachtung – oder noch schlimmer, Gleichgültigkeit – zu begehen. Dass Schwarz eine wundervolle Farbe ist – aber am besten in Kombination mit rotem Lippenstift aussieht. Oder mit pinkem. Dass es nicht schlimm ist, gut auszusehen. Dass es schlicht und ergreifend nicht ich war, die sich da in eine Jugenddepression hereinsteigerte, sondern dass ich viel mehr Spaß dabei hatte mit meinen Freundinnen laut lachend durch den Sommer zu tanzen. Besser spät als nie. Mit 18 war ich wieder Normalo und glücklich damit. Weil ich gelernt hatte dass man nicht verkrampft anders sein muss, um etwas Besonderes zu sein.
Wenn ich also heute in All Black Outfits durch die Gegend laufe, dann muss ich meinem Spiegelbild immer unwillkürlich zuzwinkern. So gehts doch auch, denke ich mir dann, und stupse mein 15-jähriges Ich liebevoll in die Seite. Zur Berlinale zum Beispiel – mit Vintage Paillettenkorsage aus Amsterdam, mit Scuba-Rock und Schnürstiefeln im Doc Martens-Stil (!) – die später zur Premiere von Diary of a Chambermaid durch schwarze High Heels ersetzt wurden. Weil es kein Zeichen von Schwäche oder Oberflächlichkeit ist, sich schön anzuziehen. Weil es nichts mit Gefallsucht zu tun hat, wenn man sich über ein Kompliment freut, sondern mit Spaß an der Mode.
Und weil Lachen mit das Schönste am Leben ist, noch ein kleines Outtake: So sehe ich aus wenn ich realisiere, dass das mit den nackten Armen im Kino vielleicht funktioniert, auf dem Dach des Soho House Berlin Anfang Februar aber nur mit zusammengekniffenen Pobacken.
Mode ist kein oberflächlicher Bullshit, sich Mühe mit dem eigenen Äußeren zu geben ist kein Statement der eigenen geistigen Begrenztheit. Es macht einfach nur Spaß.
Pingback: Wochenendklicks: Generationenweltschmerz, ein Markt in Peru und große Emotionen – eine Aufforderung zum Schreien | Helle Flecken
Pingback: Outfit: California Dreaming in Paisley und Vans | Helle Flecken
Pingback: Wochenmitteklicks: Waldspaziergänge, Kürbisseason und Privatsphäre | Helle Flecken
Pingback: What’s on my Beauty Shelf: Meine Haarroutine und Bad Hair Day Prevention – Helle Flecken