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Out of the blue: Zwei Tage Beirut und warum das noch lange nicht genug ist

Pigeons Rock / Raouché in Beirut

Unverhofft kommt oft. Kann ja keiner ahnen. Beziehungsweise: Eigentlich sollte gerade ich sehr wohl ahnen können, dass die besten Sachen meist völlig unerwartet kommen, zumindest in meinem Leben, und so auch diesmal: Dass ich einen Tag in Beirut verbringen würde war seit einem Monat geplant, ich hatte mir diesen Flug gewünscht und mich tierisch darauf gefreut, mich sogar richtiggehend darauf vorbereitet. Hatte dann auch noch tierisches Glück mit der Crew, die größtenteils genauso motiviert war wie ich und mit der ich nach einem leckeren Mokka am Morgen erstmal 14 Kilometer zu Fuß abriss. Laufen, stehen bleiben, staunen. Fotos schießen, weiterlaufen, wieder stehen bleiben.

Dass wir dann streikbedingt noch einen weiteren Tag – und damit auch einen langen Abend in Beiruts Bar-Szene – geschenkt bekämen, das war nicht abzusehen. Aber verdammt gut so, denn wer weiß ob ich diesen Sonnenuntergang so hätte genießen können, ob ich je in dieser einen Bar gesessen oder zu diesem einen Lied getanzt hätte. Ob ich je so entspannt durch Beiruts Straßen geschlendert wäre. Es ist keine zehn Jahre her dass Krieg herrschte im Libanon, und man sieht das an jeder Ecke. Wir laufen ein paar Meter, alles sieht ganz normal aus, wir könnten auch in Norditalien sein oder im Zweifelsfall auch irgendwo in Deutschland, und plötzlich stehen wir vor einer zerbombten Ruine. Sehen uns wenig später einem Militärpolizisten mit Maschinengewehr gegenüber, der lässig an den Betonpfeilern einer Barrikade aus Stacheldraht lehnt. Er lächelt neugierig, wir nicken höflich zurück. Alle Menschen denen wir begegnen sind freundlich und großzügig. Ich kenne es nicht anders aus arabischen Ländern, aber hier scheint es herzlicher, offener.

Anschließend mehr Kaffee, libanesische Pizza, das leckerste Falafelsandwich an das ich mich erinnern kann. Sonne, ganz viel Sonne. Und zwischen all dem Genießen und bloßen Aufsaugen ein bisschen Geschichte und Kultur. Es ist nur schwer vorstellbar, dass alle, die mir hier in meinem Alter begegnen, mit denen ich abends in der Bar die Ellbogen aneinander reibe oder denen ich fröhlich zuproste, in ihrem kurzen Leben schon einen Krieg erlebt haben. Etwas, das ich nur aus Geschichtsbüchern und von Erzählungen meiner Oma kenne, ist hier Teil der eigenen Geschichte, fast schon Normalität.

Beirut liegt ungefähr in der Mitte des Landes und direkt an der Küste. Städte am Wasser, damit kriegt man mich eh ganz schnell, aber die Stimmung hier ist speziell, gerade an der Promenade. Es ist eine Mischung aus Aufbruchsstimmung und Akzeptanz, eine Mischung aus Stolz und Neugier, die ich wahnsinnig spannend finde. Die Koexistenz verschiedenster Religionsgruppen beeindruckte mich schon an verschiedenen Orten dieser Welt, und Beirut gilt was Konfessionen angeht als die bunteste Stadt des Nahen Ostens. Christen, Muslime und Drusen stellen den Großteil des religiösen Regenbogens, das überrascht niemanden, was überrascht ist, dass es in der Hauptstadt (beziehungsweise dem, was ich von ihr gesehen habe) so liberal zugeht.

Unzählige weit aufgerissene Augenpaare, verunsicherte Fragen und ungläubige Gesichter sprangen mir entgegen,jedes Mal wenn ich in den letzten Wochen von Beirut erzählt habe, und ich verstehe das sehr gut. Mein eigener Kopf ist nach wie vor voll von mehr oder weniger gerechtfertigten Vorurteilen, ich bekämpfe sie konstant durch Wissen und Nachfragen und erwische mich dann doch wieder mit Stereotypen, die es jetzt zu bekämpfen gilt. Und genau deshalb fliege ich morgen direkt wieder hin, nach Beirut. Denn unverhofft kommt oft, und das gilt nicht nur für die Stadt an sich.


One day off in Beirut. Arrive at night, wake up full of curiosity the next morning and head out to explore the city. To see what it’s like now, ten years after the war, and to learn about Lebanese culture, food and people. Fly back the next morning – that was the plan. I love having those days off in various places all over the world, especially in parts that I never would have visited as a tourist. Teheran, Tel Aviv and Ashgabat are such destinations – and now Beirut is.

Due to the pilots strikes, one day off became two, we added a lovely night out and a relaxed hung over day in some random cafe and the hotel’s spa and admired a beautiful sunset over the sea. I fell in love, mostly because I didn’t expect to: Beirut is not per se „beautiful“. It’s not clean, it’s not easy, it’s not structured. You don’t have to walk more than a few hundred meters until you stumble upon a bombed out house, some war ruin, or bump into military police holding a machine gun. But one minute later you’ll look into the warm brown eyes of some street vendor selling vegetables.

We walked about 14 kilometres that first day and didn’t meet one single person that wasn’t friendly or at least curious. Some stared, most smiled at us. I remember people in Arab countries being polite and hospitable, but people here were a bit more hearty, or at least that’s what I felt.

Beirut’s location right by the sea is a big seller, of course. Any city with a river, a huge lake or a beach will please me in a certain way, and Beirut did just that. I loved the thought of the ponds by the sea full of summer lovers in a few months, I loved sitting in that cheap coffee place right by the ocean drinking way too sweet coffee (never order a cappuccino in one of those places!) and I loved the thought of coming back.

And that’s not just for the people and the location, of course. It’s an open secret that I love Arabian food, and the (way too huge) mezze platter weh ad for dinner that first night had it all. I had a bite of the best falafel sandwich I’ve ever had in Beirut’s streets. Add that to the fresh strawberries and the amazing (turkish) coffee I had for breakfast, and you know that I was in food heaven.

I’m not saying Beirut is an easy travel destination. It seems absolutely save these days, but I won’t act too blueeyed here and ignore the fact that it’s still a developing country, one of the countries with the highest rate of refugees in the world, one still struggling to find its direction. But it’s exciting to see how this development goes. It’s exciting to find out how many stupid stereotypes even I have in my head thinking about Lebanon. And it’s exciting to see how if you’re in a bar somewhere in Hamra, you feel like you could be anywhere else in the world. But I’m pretty happy I was in that exact bar in that exact city at that exact time.

For this reason, and to fight some more of those stereotypes, I’m heading back to Beirut just now. I’m on a plane typing these exact words and in some way or another, I can’t wait to get off.

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