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Meine Normandie: Caen und die normannische Schweiz

Ich war schon oft in Frankreich. In meiner Kindheit verbrachten wir jeden Sommer in einer Feriensiedlung am Atlantik. Der Schüleraustausch nach Marquise war ein teilweise traumatisierendes, aber auch spannendes Erlebnis. Den Roadtrip nach Toulouse mit meinen beiden Freundinnen habe ich noch bestens in Erinnerung. Paris habe ich schon einige Male im Layover erlebt. Und zuletzt hat mich das Elsass mit Wellness und gutem Essen rumgekriegt. Jetzt ging es in die Normandie – und weil ich vorab ein bisschen in Stress geraten war, wusste ich überhaupt nicht, was mich erwarten würde.

Einmal in Caen, der Hauptstadt der normannischen Region Calvados, angekommen, ahnte ich es schon: Diese französische Luft, angereichert mit dem Salz des nur wenige Kilometer entfernten Atlantik, der Duft nach frisch gebackenem Baguette aus einer kleinen Boulangerie mit blauen Holzfensterläden, Uhren, die etwas langsamer ticken als in Paris. Entspannung macht sich breit, spätestens als ich in der Wohnung Chez Laurence du Tilly ankomme. Einen kurzen Mittagsschlaf mit geöffnetem Fenster und leisen Hintergrundgeräuschen später trifft auch meine Freundin Gesa ein, und gemeinsam machen wir uns bereit für das erste Highlight unseres Kurztrips in die Normandie:

Das Festival Beauregard in Caen: Festivalfeeling vor den Toren der Stadt

Ehrlich gesagt hatte ich ziemlich geringe Erwartungen an das Festival Beauregard. Sicher, das Line Up verzeichnete Größen wie Phoenix, Iggy Pop, Placebo und Metronomy, dennoch habe ich irgendwie diese Vorstellung eines kleinen Stadtfestivals im Kopf und bin dementsprechend positiv überrascht, als wir am Sonntagabend auf dem Festivalgelände ankommen. Sicher, besagte Bands hatten an den Vortagen gespielt, die Stimmung ist dennoch auch an diesem Abend absolut festivalesk. Vorsorglich ausgelegtes Stroh auf dem Boden vor den Bühnen, unzählige leckere Essensstände, gut gelaunte Menschen mit Blumenkränzen im Haar. Wir fangirlen bei Michael Kiwanuka, wippen zu den Foals im Takt und schließen den Abend mit einer grandiosen Bühnenshow von Die Antwoord, die doch eigentlich so gar nicht meins sind, ab.

Wir staunen darüber, dass die Franzosen selbst auf einem Festival Schnecken und Austern schlürfen, trinken Cidre statt Pils und schaffen es stets so galant in die ersten Reihen, dass wir das Festival im Nachhinein nur als jeden Kilometer wert bezeichnen können, so entspannt und gut ist die Atmosphäre.

Am Morgen danach wachen wir in dieser wohlbekannten Stimmung zwischen leisem Kater und lauten Endorphinen auf. Barfuß laufe ich die Stufen ins Erdgeschoss herunter und fische Baguette und Schokocroissants aus dem Brotkasten, wir frühstücken ganz entspannt und gleichzeitig üppig, denn wir und unsere Muskeln haben noch was vor an diesem Tag.

Ein Ausflug in die normannische Schweiz: Kanufahren auf der Orne

Eine halbe Stunde fahren wir um die Mittagszeit in den Süden Caens, wo uns grüne Hügelketten erwarten. Angeblich haben diese Hügel die Besucher einst so sehr an die Schweiz erinnert, dass das Gebiet den Namen „La Suisse Normandie“ erhielt, wir finden der Vergleich hinkt – und ist auch gar nicht nötig, denn die Gegend ist auch für sich richtig schön. Wir setzen uns wie so viele Touristen und Urlauber in ein Kanu und lassen uns zwei Stunden lang entspannt die Sonne auf den Kopf scheinen, während wir gemächlich knappe 9 Kilometer die Orne herunterpaddeln.

Das mit einer Handvoll Freunde für eine Woche tun, zwischendurch die Zelte auf den zahlreichen Campingplätzen entlang des Flusses aufschlagen, nachmittags grillen und einen Cidre nach dem anderen trinken, das könnte ich mir einmal sehr gut als Sommerurlaub vorstellen. Aber auch als Tagesausflug ist so eine Kanufahrt eine feine Sache – vielleicht auch zum Schweigen und Genießen, wenn man sich mit den Mitreisenden auf eben dieses einigen kann.

Caen entdecken: Die Haupstadt der Baisse-Normandie

Am Abend gönnen wir unseren vom Kanufahren unterforderten Beinen noch etwas Auslauf in der Altstadt von Caen. Caen ist eine Studentenstadt – das merkt man, wenn man durch die Gassen der Altstadt läuft genauso, wie dass die Normandie und damit natürlich auch ihre Hauptstadt ein bei Touristen sehr beliebte Destination ist. Knapp die Hälfte der 110.000 Einwohner Caens ist unter 25 Jahre alt, darunter sind rund 25.000 Studenten.

Es ist an vielen Stellen überdeutlich, dass der zweite Weltkrieg, allem voran die Schlacht um Caen 1944, ordentliche Lücken ins Stadtbild gerissen hat – aber dennoch finden wir neben dem imposanten Klostergebäude der Abbaye aux Hommes mit der Kirche Saint-Étienne, der Saint-Nicolas Pfarrkirche und der weitläufigen Burganlage auch hübsche, ursprüngliche Gässchen mit netten Läden. Wir werfen einen kurzen Blick auf das Château und bummeln dann weiter in das sicher hoch-touristische, aber eben auch einfach malerische Quartier Vaugueux. Hier reihen sich Restaurants und Cafés aneinander und wir kehren für ein letztes Abendessen in der Normandie ein.

Das Tourismusbüro von Caen bietet in den Sommermonaten Juli und August dienstags bis samstags jeweils um 14:15 und 16 Uhr für 7 Euro Stadtführungen auf Französisch an.

Am Ende bleibt das Gefühl, viel zu wenig von der Normandie gesehen zu haben. Denn natürlich reichen 48 Stunden nicht mal im Ansatz aus, eine ganze Region in ihrer Vielfältigkeit zu entdecken. Beim nächsten Besuch steht definitiv ein Tag am Strand von Etretat auf dem Programm, ein Ausritt durch die normannische Schweiz oder auch eine Canyoning-Tour. Ein Besuch in Honfleur und natürlich der Bucht von Mont-Saint-Michel. Denn dafür hat die Zeit gereicht: Lust auf mehr zu machen. Dabei helfen auch die Posts meiner Bloggerkollegen, die in den vergangenen Wochen ebenso wie ich unter dem Motto #meineNormandie unterwegs waren, und die ich nach und nach hier verlinken werde. Vorerst könnt ihr alle Social Media Beiträge hier und hier finden.

Anreise nach Caen

Mit dem Zug habe ich aus Frankfurt knapp neun Stunden gebraucht – zunächst geht es mit dem ICE in vier Stunden nach Paris Gare de l’Est, wo man (wieso nur so umständlich, Paris?!) mit einer kurzen Metrofahrt den Bahnhof wechseln muss, um von Paris Saint-Lazare aus noch ein paar Stunden weiter nach Caen zu fahren. Abgesehen von dem kurzen Paris-Intermezzo (eine gute Stunde sollte man sich zwischen Ankunft und Abfahrt an unterschiedlichen Bahnhöfen lassen, mit viel Gepäck würde ich mir vermutlich ein Taxi gönnen) ist die Fahrt super entspannt. Bahnfahrten aus Deutschland nach Frankreich bucht man am unkompliziertesten über Voyages SNCF, die Buchungsanfrage über die Deutsche Bahn hat mehrere Tage gedauert und wäre auch teurer gekommen.
Alternativ kann man natürlich auch mit dem Flugzeug nach Paris anreisen und von dort eine Verbindung zum Flughafen Caen-Carpiquet, 12 Kilometer östlich der Stadt, nehmen.


Ich wurde von Atout France zu dieser Reise in die Normandie eingeladen, dabei wurden Anreise, Kost und Logis übernommen. Bezahlt wurde ich für die daraus entstandenen Artikel und Beiträge nicht. Die Einladung beeinflusst meine persönliche Meinung nicht, alle Angaben entsprechen meiner individuellen Wahrnehmung.

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