Hometown Glory
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Im Jaguar F-Type durch den Odenwald: Zu Gast bei der Nibelungenfahrt 2016

Eigentlich müsste ich Benzin im Blut haben. Der männliche Teil meiner Familie ist absolut autoverrückt, mein Bruder stand mit 4 Jahren das erste Mal am Hockenheimring und wenige Geräusche wirken auf mich so beruhigend wie das Surren aus dem Fernseher, wenn Formel 1 läuft, denn jeder zweite Sonntag meiner Kindheit war mit diesem Geräusch unterlegt. Und trotzdem: Aus mir wurde ein klassisches Pferdemädchen. Ich stehe seit jeher extrem auf 1 PS. Selbstverständlich schaue ich einem schönen Auto hinterher, aber ich habe von Hubraum & Co ungefähr so viel Ahnung wie von Chemiebaukästen oder internationalem Steuerrecht.

Nur eins hat sich in mir festgesetzt: Die Begeisterungsfähigkeit für stilvolle, alte Autos. Während mich ein moderner Prollwagen mit meinetwegen außergalaktisch vielen PS oft nur amüsiert die Augenbrauen hochziehen und eine direkte Korrelation zwischen primären Geschlechtsmerkmalen und Lautstärke des Motorjaulens an der Ampel ziehen lässt, war das womit ich mein vergangenes Wochenende verbrachte das genaue Gegenteil: Ganz viel Understatement war es, dass da in Form von über 150 Oldtimern durch den Odenwald fuhr. Und ich? Mittendrin. Nur, dass die vier Räder unter mir keine zehn Jahre alt waren – sondern einem der modernen Luxussportwagen gehörten, die mit genauso viel Understatement unterwegs sind wie ein alter Triumph.

Ein Wochenende im Jaguar F-Type

Ganz schön heftig, wenn man morgens nach 6 Stunden Schlaf und noch ohne den ersten Kaffee intus in die Tiefgarage wankt, und dort statt dem 20 Jahre alten Peugeot plötzlich so ein Ding steht. Schon das Einsteigen fühlt sich nach was ganz anderem an. Und die Fahrt zum Start des heutigen Abenteuers im Jaguar F-Type? Well.

Ich hatte es im Dezember schon im Porsche Boxster GTS wieder gemerkt: Das was hier passiert, wenn der Wagen beschleunigt und es mich in den Sitz drückt, dieses zufriedene Schmunzeln in meinem Gesicht, der langsam aber sicher ansteigende Puls – das kenne ich sonst nur aus dem Flieger, wenn ich bei einem harten Start fest in den Jump Seat gedrückt werde. Die absurde Beschleunigung in einem knapp 40 Meter langen, schwerfälligen Flieger auf der Startbahn fühlt sich aber zumindest für mich nicht halb so beeindruckend an, wie die von 0 auf 100 in 4,1 Sekunden im Jaguar F-Type auf der Landstraße.

Was ich an diesem Auto schätze? Sicher: Die Motorisierung ist wahnsinnig beeindruckend. Aber wenn ich von 340 PS, reaktionsschnellen Kompressormotoren und perfektem Drehmoment-Gewichts-Verhältnis spreche, wird es absurd. Stattdessen sage ich wie es ist: Ich liebe das leichte Vibrieren unter mir, wenn die Tachonadel zuverlässig nach oben steigt. Ich liebe, was kurvige Landstraßen im Jaguar mit meiner Magengegend machen. Ich liebe, wie smooth der Wagen auf der Straße liegt und trotzdem sportlich auf jede meiner Fahraktionen reagiert. Aber am meisten, am meisten liebe ich, mit wie viel Stil er das tut. Ohne auch nur einen Hauch prollig zu sein, ohne dass ich mir an der Ampel wie eine Poserin vorkomme, die sich endlich mal Daddy’s Auto ausgeliehen hat. Der Jaguar F-Type hat für mich einfach Klasse. Und darf von jetzt an gerne öfter in meiner Tiefgarage parken.

Aber zurück zum Anlass der gemütlichen Ausfahrt im schwarzen Jaguar: Orientierungsfahrt durch den heimischen Odenwald. Ein gutes Stück Hometown Glory und back to the roots. Vorbei an den Vororten Darmstadts. Durch Dörfer, in denen ein guter Teil meiner Freunde groß geworden ist. Durch den Ort, in dem meine ersten Reiterferien stattfanden, weit weg von zu Hause – und schließlich entlang der Häuschen, die für den nächsten Wochenendtrip auf dem Land notiert wurden.

150 Oldtimer aus 150 Jahren Automobilgeschichte: Die Nibelungenfahrt 2016

Zum 28. Mal führte die Rallye durch den Odenwald und entlang der Bergstraße, durch kleine Gassen und über geschwungene Landstraßen. Zusammen mit der Herausforderung, uns eigenhändig (ja, ganz ohne Navi!) durch die Strecke zu navigieren – ihr konntet auf Snapchat sehen, wie ich mich durch Chinesenzeichen und Pfeilskizzen quälte – eine wunderbare Möglichkeit, ein Auto kennenzulernen. Und natürlich, die Heimat wieder zu entdecken.

Bei so einer Rallye geht es in erster Linie um die Leidenschaft für alte Autos – und wie immer, wenn Menschen etwas passioniert tun, reißen mich die Oldtimerfans hier mit ihrer Begeisterung absolut mit. In zweiter Linie geht es aber auch um eine sportliche Leistung. Dass man alle Zeichen richtig interpretiert und sich korrekt durch die Strecke gelotst hat wird mit Stempel ins Bordbuch bewiesen, zwischendurch gibt es Gleichmäßigkeitsprüfungen und Geschwindigkeitstests. Da kommt bei all der Passion schon mal der Jähzorn hoch – aber nichts, was nicht im Nachhinein bei einem kalten Bier oder schon in der Mittagspause bei einer heißen Suppe wieder in Ordnung kommen würde.

Dass dabei statt Frühlingswetter der April seinem Ruf alle Ehre machte, machte uns herzlich wenig aus – wir cheateten uns aber auch mit Sitzheizung und geschlossenem Verdeck durch den Tag und genossen nur am Ende des Tages noch ein paar Sonnenstrahlen im Cabrio. Anders als ein paar der Teilnehmer, die (Vorkriegsfahrzeuge olé) den gesamten Tag ohne Dach durchhielten. Respekt!

Und für alle, die sich wie ich überhaupt nicht an Oldtimern sattsehen können und immer noch nicht genug haben:

An dieser Stelle vielen Dank für die tolle Erfahrung und die Einladung zur Nibelungenfahrt an den RTCE – und ans Autohaus Hedtke, das uns vertrauensvoll und großzügig den Jaguar F-Type zur Verfügung stellte. Die Nibelungenfahrt findet jährlich am letzten Aprilwochenende statt. 

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