Life of a Flight Attendant, Thoughts
Kommentare 13

Life of a Flight Attendant: Frequently Asked Questions über den Job als Flugbegleiterin

7 1/2 Jahre sind es jetzt. 7 1/2 Jahre, die ich als Flugbegleiterin um diese Welt fliege, in denen ich irre viel gesehen und noch viel mehr gelernt habe. Und zugegeben: Damals vor gut 8 Jahren, als ich mich als Stewardess beworben habe, wusste ich wahnsinnig wenig über meinen jetzigen, ach-so-sagenumwobenen Job. Daher habe ich nach wie vor Verständnis für jede neugierige Frage, auch wenn ich sie noch so oft höre. Aber manchmal, da nervt es schon – wenn ich mit guten Freunden auf einer Party bin und es nach der kurzen Vorstellung mit einem neuen Gesicht die nächsten 30 Minuten erstmal nur um meinen Job geht und ich wieder mal den Katalog an Fragen beantworte, den selbst meine Freunde mittlerweile auswendig können (und diese sich irgendwann, völlig zurecht, gelangweilt abdrehen). Wenn ich stundenlange Unterhaltungen über das Leben als Flugbegleiterin führe, die mich am Ende des Abends doch immer wieder mit der Frage konfrontieren ob sich die spannende Person am anderen Ende des Tresens jetzt eigentlich für mich oder doch nur für meinen Job interessiert hat.

Nichtsdestotrotz – wie gesagt – verstehe ich jede Neugier und jede sich scheinbar aufdrängende Frage, egal, wie offensichtlich die Antwort für mich selbst mittlerweile ist. Die meisten davon habe ich mittlerweile einfach schon so oft gehört, dass ich sie ohne Nachzudenken beantworten kann. Und weil ich einigen von euch in der näheren Zukunft wahrscheinlich nicht am Tresen gegenüber sitzen werde, hier jetzt von mir für euch:

Die meist gestellten Fragen an eine Flugbegleiterin – und natürlich die Antworten!

flightattendant_faq_13

  • Ihr seht aber doch eh nichts mehr von der Welt, oder?

Wollt ihr die Wahrheit? Doch! Doch, wir sehen wahnsinnig viel von der Welt. Sicher weniger als jemand, der Monate lang durch ein Land backpackt. Sicher weniger als unsere VorgängerInnen, die vor 20 Jahren noch wochenlange Layover an den exotischsten Orten haben. Aber ihr glaubt gar nicht, wie viel man in 48 Stunden packen kann. Was für eine Expertise man darin entwickelt, sich möglichst schnell einen Überblick über eine Stadt zu verschaffen, Prioritäten zu setzen und den eigenen Körper auszutricksen. Der größte Vorteil ist aber: Wir kommen immer wieder. So nutzen wir meist unseren ersten Stop an einer neuen Destination dafür, uns – zum Beispiel mit Hop on Hop off-Bussen oder Stadtführungen – umzusehen und einen ersten Eindruck zu kriegen. Spezielle Anlaufpunkte, Museen, Ausflüge und vor allem natürlich das gemütliche Schlendern, Entdecken und Verlaufen sparen wir uns für die folgenden Layover auf – denn die kommen ganz gewiss.

  • Wo warst du denn schon überall?

Oh, Honey. Wenn ich diese Frage beantworte muss ich mich immer wieder bewusst daran erinnern, einen leicht demütigen Gesichtsausdruck aufzusetzen – oder wie klingt die Antwort „Oh, das kann ich schon lange nicht mehr (auf-)zählen – rein dienstlich in etwa 45 Ländern, die Städte aufzuzählen würde bis morgen früh um 5 dauern. Kurz gesagt: Bis auf Australien war ich bisher auf allen Kontinenten dieser Erde schon mehrmals.“ für euch? Fakt ist – nach spätestens einem Jahr Vollzeit-Fliegen war man bei etwa 5 Einsätzen im Monat an so vielen Orten, dass man beim Aufzählen mindestens ein Viertel vergessen würde. Und wir wollen wirklich niemanden neidisch machen, es ist einfach unser Job.

  • Darf ich auch Stewardess sagen?

Von mir aus: Ja. Von mir aus muss man aber zum Beispiel auch nicht jeden Begriff gendern und nicht immer politisch korrekt sein. Um niemanden auf den Schlips (oder das kecke Halstuch) zu treten fährt man mit „FlugbegleiterIn“ aber definitiv besser – und glaubt mir, grade als Gast am Anfang eines Fluges ist das keine schlechte Idee 😉 Wie gesagt, ich selbst und gefühlt die meisten meiner Kolleginnen fühlen sich von dem Wort „Stewardess“ aber kein Stück beleidigt. Ganz anders sieht es aber mit Wortschöpfungen wie „Saftschubse“, „Trolley Dolly“ & Co aus – die sind strikt und definitiv nur uns selbst vorbehalten.

  • Fliegt ihr jetzt gleich wieder zurück?

Diese Frage wird am liebsten nach einem 12-Stunden-Flug nach San Francisco oder Los Angeles gestellt und entlockt je nach Flugverlauf und Müdigkeitsstatus entweder ein müdes Lächeln, ein resigniertes Achselzucken oder ein hysterisches Kichern. Alles, um zu verstecken wie beleidigt wir uns von dieser Frage fühlen. Die Menschen, die sie stellen, sind in diesem Moment gerade von 12 Stunden herumsitzen, Film gucken und gelegentlich einen Happen Essen und Trinken schon gerädert – wir waren fast die ganze Zeit auf den Beinen, gerne in High Heels unterwegs, und auch wenn sich unsere Stimmen über die Lautsprecher manchmal so anhören: Wir sind keine Roboter. Daher: Nein, wenn es nicht gerade um einen 2-Stunden-Flug innerhalb Europas geht fliegen wir nicht direkt wieder zurück. Unsere Ruhezeit vor Ort richtet sich nach Fluglänge und Zeitverschiebung und beträgt meist mindestens 24 Stunden.

  • Wie kommt man da überhaupt ran? Ist es nicht wahnsinnig schwierig, Flugbegleiter zu werden?

Dieses Gerücht hält sich hartnäckig, und ich arbeite hartnäckig daran es zu bekämpfen. Der Beruf des Flugbegleiters war mal ein wahnsinnig exklusiver, ja, und nach wie vor bedarf es der Erfüllung diverser Einstellungskriterien – aber es ist schon lange nicht mehr unmöglich. Die wichtigsten Kriterien sind Serviceorientiertheit, Teamfähigkeit, interkulturelle Kompetenz, gesunder Menschenverstand, gute Englischkenntnisse und ein gepflegtes Äußeres. Wenn es euch interessiert werde ich auf dieses Thema bald noch genauer eingehen!

  • Da kann man aber keine Beziehung / Kinder / Privatleben haben, oder?

Jein. Gerne würde ich hier laut aufschreien und Natürlich! kreischen. Aus Erfahrung und Erzählungen weiß ich aber: Gerade wer Vollzeit fliegt, muss seinem sozialen Gefüge schon gehörig hinterher rennen. Ich weiß nicht wie viele Geburtstage, WG Parties und auch Vorlesungen, Seminare und Univeranstaltungen ich zum Beispiel während meines Studiums absagen musste, weil ich übers Wochenende fliegen war – nur wer ein außergewöhnliches Organisationstalent und sehr verständnisvolle Freunde hat, bekommt das auf Dauer gut hin. Ich selbst fliege seit Jahren Teilzeit und kann das Fliegen schon lange nicht mehr als einzige Ausrede für geplatzte Dates nehmen, aber auch für mich bedeutet der Job oft, Kompromisse einzugehen und strikte Prioritäten zu setzen. Letzten Endes hat jeder sein Glück aber selbst in der Hand. Impossible is nothing, und gegen all die schweren Gegebenheiten wiegen auch tolle Vorteile schwer auf: Wer kann zum Beispiel mal schnell zum Geburtstag der besten Freundin nach Spanien fliegen oder unter der Woche spontan fünf Stunden Babysitter spielen, wenn bei der Schwester auf einmal gar nichts mehr geht?

Das mit den Kindern ist natürlich noch mal ein besonderes Thema. Ich habe bis heute – oder vielleicht sogar eher mit den Jahren wachsend – größten Respekt vor allen Müttern, die nach einem Jahr Elternzeit wieder fliegen gehen. Aber offensichtlich ist mit guter Organisation und einer gelungenen Kinderbetreuung auch das möglich, denn gefühlt hat mindestens die Hälfte meiner weiblichen Kollegen Kinder.

  • Läuft tatsächlich immer was zwischen Piloten und Flugbegleiterinnen?

Nein. Und nein, wir haben nicht alle eine Braut in jedem Hafen. Im Gegenteil: Grade nachdem die ersten aufregenden Jahre im Fliegerleben vorbei sind sehen sich die meisten von uns nach einem echten Hafen, nach einem Zuhause, nach Konstanz und nach einem festen Partner. Für Singles allerdings bieten sich beim Fliegen natürlich viele unverbindliche Gelegenheiten, ergeben sich diverse Abenteuer – warum auch nicht? Und wie bei jedem anderen Job auch finden sich hier natürlich auch viele längerfristige Partnerschaften – was nicht unbedingt damit zu tun hat, dass wir uns in unserer Freizeit so wahnsinnig gerne über Flugzeuge und Koffertypen unterhalten, sondern einfach damit, dass wir – wie alle Berufsgruppen – wahnsinnig viel Zeit mit Kollegen verbringen und diese bei uns mit jedem Umlauf wechseln, die Chance, unter den Kollegen den oder die Richtige zu finden, also überdurchschnittlich hoch ist. Und dann ist da noch der oben angesprochene Aspekt, dass die Beziehungspflege mit einem Nicht-Flieger eine echte Herausforderung sein kann: Fehlendes Verständnis für Jetlag, Launigkeiten nach dem Flug und mitunter auch die anhaltende Begeisterung für einen Beruf, der einen alle paar Tage hunderte von Meilen vom Liebesnest wegführt – das gibt es unter Fliegern eben nicht.

Zusammenfassend kann ich aber sagen: Das Klischee, dass sich in jedem Layover der knackige Copilot mit drei drallen Blondinen im Arm im Hotelbett wiederfindet, ist absolut an den Haaren herbei gezogen. Nicht, dass die überhaupt alle so knackig – und wir alle so drall – wären. Das gehört nämlich definitiv nicht zu den Einstellungskriterien 😉

  • Stewardess – das kann man aber doch nicht für immer machen, oder?

Allerdings kann man das! Wenn ich mir meine KollegInnen kurz vor dem Ruhestand so anschaue denke ich mir oft, dass das vielleicht sogar die allerbeste Lösung ist – wenn ich mit Mitte, Ende 50 noch so aussehe wie die das oft tun, dann bin ich aber ordentlich dankbar! Fakt ist: Das Fliegen hält wahnsinnig jung, man lernt gezwungenermaßen, sich außergewöhnlich gut um seinen Körper zu kümmern und ist ständig mit jüngeren KollegInnen in Kontakt. Allerdings sprechen wir hier von anderen Zeiten und anderen Tarifverträgen. Gerade ist in der Luftfahrtbranche wieder viel Bewegung – und wer weiß heute schon noch, was morgen ist?

  • Sind alle männlichen Flugbegleiter schwul?

Bei dieser Frage kann ich leider nur dezent mit den Augen rollen. Sie steht bei mir ungefähr auf einem Level wie die Frage „Sind alle Blondinen dumm?“ und die Beantwortung geht mir mittlerweile recht knapp über die Lippen: Nein. Der Schnitt ist sicher höher als in vielen anderen Berufsgruppen, ich (mit meinem, Achtung, recht wankelmütigen Zahlenverständnis) würde schätzen, dass etwa 70% meiner männlichen Kollegen homosexuell sind. Was sicher ein ziemlich hoher Anteil ist – aber nur deshalb so auffällt, weil unsere Berufsgruppe per se recht selbstbewusst und extrovertiert daher kommt.

  • Was ist dein Lieblingsziel?

Und das ist ehrlich gesagt meine Lieblingsfrage. Weil ich aus sicherer Quelle weiß, dass das Lächeln, das sich in den Millisekunden nach dieser Frage auf meinem Gesicht ausbreitet, mein Schönstes ist. Weil ich das Reisen und das Entdecken immer wieder neuer Orte so sehr liebe, dass ich diese Frage selten auf Anhieb beantworten kann. Weil sie dazu führt, dass ich mich an all die wundervollen Layover, die wundervollen hellen Flecken erinnere, die ich dank meines Jobs schon besuchen durfte. Vancouver zum Beispiel oder Tel AvivIndien oder BeirutNew York oder Neapel. Sie alle sind Lieblingsorte. Wer es konkret und aktuell will: Derzeit ist es immer noch San Francisco. Darum.

Na, alle Fragen beantwortet? Oder was brennt euch sonst noch auf der Seele? Ab in die Kommentare mit allem, was ihr schon immer mal über das Leben als Flugbegleiterin wissen wolltet – ich freue mich darauf, eure Fragen in ein paar Wochen in einem weiteren Post zu beantworten!

13 Kommentare

  1. Pingback: „Ein Rock verleiht auch Autorität.“ – Berufskleidung über den Wolken | makellosmag

  2. Pingback: It’s Fleet Week: 24 Stunden in New York sind niemals genug – Helle Flecken

  3. Pingback: Life of a Flight Attendant: Das erste Q&A – wie bin ich eigentlich zum Fliegen gekommen? – Helle Flecken

  4. Pingback: TRAVEL OUTFIT // FLIGHT ATTENDANT Q&A: Fliegst du privat eigentlich umsonst? – Helle Flecken

  5. Pingback: Was muss man für's Fliegen mit Baby wissen sollte

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert